Apple als Click wheel-Zulieferer für Motorola, Nokia & Co?

September 26th, 2005 by tobra

Nachdem sich die Enttäuschung über das Design des sog. iTunes Phone bei Apple-Fans etwas gelegt hat, bleibt die Frage, welche Richtung Apples Vorstoß in den Bereich Mobiltelefone in Zukunft nehmen wird.

Steve Jobs, CEO von Apple, umschreibt Apples Engagement zurückhaltend:

“We see it as something we can learn from. It was a way to put our toe in the water, and learn something”.

Da Jobs ansonsten keine Gelegenheit ausläßt, Apples Leistungen rhetorisch zu überhöhen, sollte uns diese Zurückhaltung hellhörig machen. Was will Jobs da vor uns verbergen?

Apple-Fans und Analysten scheinen sich längst einig: Ein von Apple entwickeltes, ästhetisch anspruchsvoll gestaltetes, benutzerfreundliches Mobiltelefon wäre ein Hit. Es kann sich also nur um eine Frage der Zeit handeln, bis Apple damit auf den Markt kommt.

Möglicherweise macht man die Rechnung dann aber ohne Steve Jobs. Die Idee eines Apple Mobiltelefons liegt inzwischen so nahe, daß sie für Steve Jobs – bekannt für seinen Anspruch, die Welt verändern zu wollen – einfach nicht spektakulär genug ist.

Außerdem wird sich Apple genau fragen, ob man in einen Markt eindringen sollte,

  • in dem Konkurrenz- und Margendruck extrem hoch sind,
  • in dem die Mobilfunk-Netzbetreiber so mächtig sind, daß ihre Sortimentsentscheidung über den Verkaufserfolg eines Handy-Modells mitentscheidet und
  • in dem es selbst Microsoft nur mühsam gelingt, sich mit einer mobilen Variante seines Windows-Betriebssystems durchzusetzen

Soll Steve Jobs aber andererseits einen Markt links liegen lassen,

  • der eine Bedrohung für Apples iPod-Linie darstellt, weil Konsumenten iPods durch Handys substituieren könnten,
  • in dem jährlich über 700 Millionen Geräte verkauft werden – und möglicherweise schon bald über eine Milliarde
  • und in dem sich Millionen neue Kunden für Apples iTunes Music Store gewinnen lassen könnten?

Was wird Apple tun? Die Antwort – ganz in Cringely-Manier (d.h. überraschend, überzeugend, unwahrscheinlich) – lautet: Apple wird zum Zulieferer der Mobilfunkindustrie und beliefert die Hersteller mit der vom iPod bekannten Click wheel-Technologie, gebündelt mit der „iTunes mobile“-Software und einem „iTunes inside“-Sticker.

Drei Ereignisse der jüngeren Zeit weisen den Weg in diese Richtung:

  1. Apple löst derzeit die Geschäftsbeziehungen zu Synaptics, dem bisherigen Hersteller der iPod Click wheels, um seine Kostenstruktur zu verbessern und Know-how vor der Konkurrenz zu schützen. Das Click wheel des iPod nano ist bereits eine Entwicklung Apples, und Apple bemüht sich schon seit längerem um Patentschutz.
  2. Apple verfügt seit einiger Zeit über ein Programm, in dessen Rahmen die Hersteller von iPod-Zubehör das Gütekriterium „made for iPod“ lizensieren können, um ihre Produkte damit auszustatten. Da von dieser Möglichkeit reger Gebrauch gemacht wird, scheint sich die damit verbundene Lizenzgebühr für die Lizenznehmer auszuzahlen.
  3. Ein Prototyp von Motorolas ROKR verfügte über ein in die Handy-Tastatur integriertes Click wheel-artiges Bedienelement. Die Entwicklungsingenieure waren offenbar der Ansicht, daß es eine gute Lösung darstellen würde, um die Benutzerfreundlichkeit des Handys zu verbessern.

Apple als Handyzulieferer

Die Vorteile eines solchen Vorgehens gegenüber der Entwicklung eines eigenen Handymodells sind zahlreich:

  • Der Wettbewerb mit den etablierten Herstellern würde vermieden,
  • die großen Stückzahlen im Handset-Markt würden auch bei geringen Margen nennenswerte Gewinne ermöglichen,
  • der Verbreitungsgrad der iTunes Software würde schnell ansteigen,
  • die Markenbekanntheit von iTunes würde sich durch das Logo-Programm stetig erhöhen und
  • der Handset-Markt verlöre für Apple an Bedrohung, da eine mögliche Kannibalisierung des iPod in gewissem Umfang durch Gewinne kompensiert werden könnte.

Ein Markteinstieg würde nur vergleichsweise geringe Risiken mit sich bringen:

  • Die Click wheel-Technologie ist bereits vorhanden, zusätzliche Entwicklungskosten sind gering bzw. fallen sowieso im Rahmen der Weiterentwicklung des Click wheels für den iPod an,
  • die iTunes Software ist bereits vorhanden, zusätzliche Entwicklungskosten halten sich in Grenzen,
  • eine Konsumentennachfrage nach iTunes-kompatiblen Handys ist vorhanden, Handset-Hersteller könnten sich durch das Click wheel vom Wettbewerb differenzieren,
  • Wettbewerb durch andere Hersteller ähnlicher Technologie könnten durch die Kopplung von Apples Click wheel an die Erfolgssoftware „iTunes“ in Schach gehalten werden,
  • Click wheels werden von Apple bereits in großen Stückzahlen hergestellt, Stückkostenvorteile durch Fixkostendegression und Einkaufsvorteile gegenüber der Konkurrenz sind wahrscheinlich, und
  • höhere Verkaufszahlen rechtfertigen höhere Entwicklungskosten, die einen Technologievorsprung gegenüber dem Wettbewerb begründen könnten.

Schließlich müßte sich Apples Engagement als Click wheel-Zulieferer nicht auf den Handset-Markt beschränken. Auch Autoradios, Stereoanlagen, Fernseher und Unterhaltungselektronik aller Art, könnten mit Click wheel-Technologie versorgt werden.

Daß Millionen Menschen weltweit jeden Tag ein Stück Apple-Technologie zur Hand nehmen, das wäre dann auch in den Augen von Steve Jobs revolutionär genug, um sich auf so ein Abenteuer einzulassen.

Umstrukturierung bei Microsoft – Wird jetzt alles gut?

September 22nd, 2005 by tobra

Microsoft hat am Dienstag eine Umgestaltung seiner Organisationsstruktur verkündet: Statt wie bislang mit sieben Geschäftsbereichen, soll durch Zusammenlegung in Zukunft nur noch mit drei Geschäftseinheiten agiert werden. Das Unternehmen möchte damit laut Pressemitteilung die Flexibilität bei der Umsetzung seiner Strategie erhöhen.

Microsoft Reorganisation

Aus Perspektive der Managementlehre geht es hier um die Frage, welche Struktur gewählt werden muß, um die Strategie des Unternehmens optimal umzusetzen. Die Idee ist, daß die in aufwendiger Planung entworfene Strategie nur dann erfolgreich umgesetzt werden kann, wenn die einzelnen Aufgaben richtig auf spezialisierte Abteilungen aufgeteilt werden. Die Struktur wird komplett auf die Bedürfnisse der Strategieumsetzung ausgerichtet („structure follows strategy“).

Die Presseerklärung von Microsoft betont ungewöhnlich deutlich, daß die alte Struktur (und nicht die Strategie) für die Probleme der Vergangenheit verantwortlich gemacht wird. Steve Ballmer, CEO von Microsoft, erklärt dort die Vorzüge der Umstrukturierung so:

“These changes are designed to align our Business Groups in a way that will enhance decision-making and speed of execution, as well as help us continue to deliver the types of products and services our customers want most (…)“.

Bereinigt man die Presseerklärung um den üblichen Euphemismus, wird der alten Struktur demnach vorgeworfen, daß sie Entscheidungsprozesse verlangsamt hat, daß die Umsetzung von Entscheidungen verzögert wurde, und daß Microsofts Produkte und Dienstleistungen als Folge davon Probleme hatten, sich gegen die Konkurrenz durchzusetzen.

Die neue Struktur soll besser als die alte dazu geeignet sein, die Strategie erfolgreich umzusetzen.

Ob die neue Struktur aber tatsächlich eine höhere Flexibilität bietet, ob sie Microsofts Strategie befördern wird und warum Microsoft diese Struktur – wenn sie denn angeblich besser ist – nicht schon früher gewählt hat, bleibt offen.

Darüber hinaus ist hier ein weiterer kritischer, aber häufig übersehener Aspekt anzureißen: Die Managementlehre interessiert sich nicht nur für die Eignung der Struktur zur Umsetzung einer Strategie („structure follows strategy“). Sie empfiehlt auch umgekehrt darauf zu achten, inwieweit sich eine bestimmte Strategie aus einer vorher bestehenden Struktur entwickelt („strategy follows structure“).

Einer von mehreren Aspekten dieser umgekehrten Beziehung – und ein im vorliegenden Fall besonders relevanter – ist die Frage, inwieweit eine bestimmte Struktur in der Lage ist, möglichst „gute“ Entscheidungen zu produzieren. Die Güte der Planung (also auch die Güte der Strategie) – so hat man herausgefunden – ist nämlich nicht unabhängig von der Organisationsstruktur, in der ein Planungsprozeß stattfindet.

Im Hinblick auf Microsofts Reorganisation stellt sich somit die Frage, ob die neue Struktur möglicherweise ähnlich ungeeignet ist, zur Strategieumsetzung erfolgreich beizutragen, wie die alte:

  • Wenn in der bislang bestehenden Struktur keine guten Entscheidungen erarbeitet wurden, warum sollte dann die in der gleichen Struktur erarbeitete Entscheidung zur Umstrukturierung von besonderer Güte sein?
  • Wenn die gleichen Entscheidungsträger diese neue Struktur geplant haben, die schon für die alte nicht funktionierende Umstrukturierung in sieben Geschäftseinheiten verantwortlich waren, warum sollte dann die neue Umstrukturierung erfolgreicher sein?

Hoffnung kann der Microsoft-Aktionär hier nur aus der Erkenntnis schöpfen, daß man aus Fehlern lernen kann. Voraussetzung erfolgreichen Lernens mit der Methode „Versuch / Irrtum“ ist aber, daß der Irrtum erkannt wurde. Und solange man sich nicht gesicherten Wissens bedienen kann, benötigt man höchstwahrscheinlich viele Versuche bis man eine brauchbare Lösung findet. Das beunruhigt.

Genügend Fragen und Themen also, um sich hier in den kommenden Wochen weiter mit der Umstrukturierung bei Microsoft zu beschäftigen.

Apples iPod-Erfolg – ein Ende in Sicht? (Teil 1)

September 18th, 2005 by tobra

Apples Erfolg im Markt für MP3-Player ist außergewöhnlich. Immer wieder werden aber kritische Stimmen laut, die ein Ende der Dominanz des iPod oder zumindest eine schwindende Attraktivität des Marktes vorhersagen. Wir wollen diese kritischen Argumente zum Anlaß nehmen, wichtige Konzepte des Strategischen Managements vorzustellen, und mit Hilfe dieser Konzepte die Argumente dann auf ihre Stichhaltigkeit hin prüfen.

Als erstes soll heute der Behauptung nachgegangen werden, daß die Nachfrage nach MP3-Playern ein gewisses Tableau erreicht habe und weiteres Marktwachstum kaum noch zu erwarten sei.

In einer Diskussionrunde von Technologie-Experten bei Siliconvalley.com liest sich das so:

„It’s generally assumed that the iPod/MP3 player market has reached at least an initial peak – the types of devices we see today have reached a saturation point and increasing competition and me-too devices will erode profit margins (or share, if a company attempts to maintain margins) moving forward.“

Hintergrund dieses Arguments ist die Beobachtung, daß das Marktgeschehen empirisch häufig einen zyklischen Verlauf hat: Eine innovatives Produkt kommt auf den Markt, wird erst wenig gekauft, dann aber von immer mehr Kunden entdeckt, durchdringt den Markt bis zu einem Sättigungspunkt und wird schließlich immer weniger gekauft, bis das Produkt letztlich vom Markt verschwindet.

Das Marktwachstum durchläuft also gewisse Phasen, die den sog. Marktlebenszyklus bilden: die Geburt, die Entwicklung, die Reife und das Absterben eines Marktes. Bei diesem Verlauf handelt es sich zwar nicht um ein Naturgesetz – andere Verläufe der Marktnachfrage (z.B. plötzliche Einbrüche, wellenförmige Trends usw.) sind jederzeit möglich – trotzdem hilft diese Vorstellung bei der Beurteilung der Attraktivität von Märkten oder regt ggf. dazu an, einem reifen Markt mit neuen Impulsen zu weiterem Wachstum zu verhelfen.

Marktlebenszyklus

Angewandt auf unsere Fragestellung gehen einige Beobachter also derzeit davon aus, daß der Markt für MP3-Player sich bereits in der Reifephase befindet. Die Absatzsteigerungsraten von Periode zu Periode müßten also sinken. Ein Blick auf die Absatzzahlen des iPod kann diesen Befund jedoch nicht bestätigen.

iPod Absatz

Man erkennt, daß der Absatz von iPods über das Jahr hinweg einem gewissen Schwankungsmuster folgt. Das vierte Quartal (Weihnachten!) ist stets das Stärkste. Während 2002 und 2003 der Absatz im ersten Quartal gegenüber dem Vorquartal noch sank, übertraf sowohl 2004 als auch 2005 das erste Quartal das vorangehende Weihnachtsquartal – und dies, obwohl das Festgeschäft jeweils eine deutliche Absatzsteigerung mit sich gebracht hatte.

Während sich also gute Gründe dafür finden, daß der Markt für MP3-Player in die sog. Wachstumsphase eingetreten ist, ist von der behaupteten Abschwächung der Nachfrage – d.h. vom Übergang des MP3-Player-Marktes in die Reifephase – in 2005 noch nichts zu entdecken. Im dritten und vierten Quartal müßte die Steigerungrate dann deutlich geringer ausfallen als in den Vorjahren.

Ob sie dies tut, bleibt abzuwarten. Bislang jedenfalls finden sich keine Indizien dafür. Dem kritischen Argument der Bedrohung des iPod durch Marktsättigungserscheinungen fehlt derzeit noch das Fundament.

Führen lernen, Folge 5

September 14th, 2005 by tobra

Zuckerbrot und Peitsche – klar! Aber sonst? Abteilungsleiter Wollerof und sein Assistent Dr. Peer Aderel diskutieren, auf welche verschiedenen Arten eine Führungskraft Einfluß auf seine Mitarbeiter gewinnen kann.

Download als MP3 (5,0 MB) hier!

Noch ein wahrer Grund, warum iTunes seinen Look ändern mußte

September 12th, 2005 by tobra

Ein kleiner Aufschrei ging durch die Fangemeinde von Apple: Die neueste Version der Software iTunes verliert Ihre angestammte Oberfläche, die an gebürstetes Metall erinnert („brushed metal“). Die Glanzeffekte der neuen Version erinnern eher an Klavierlack (der vor kurzem erst eine Renaissance als Autolack begonnen hat, aber das gehört nicht hier her.)

Die Welt fragt sich verwundert (z.B. hier und hier), warum Apple so wenig Beständigkeit bei der optischen Ausgestaltung seiner Software an den Tag legt.

Was könnten die Gründe dafür sein, daß ein so von Perfektion getriebenes Unternehmen wie Apple solch einen Schritt vollzieht? Ein Unternehmen, das ansonsten keine Kompromisse duldet, wenn es um Benutzerfreundlichkeit und Ästhetik geht? Ein Unternehmen, dem es immens wichtig war, daß die Windows-Version von iTunes der Macintosh-Version auf’s Haar gleicht?

Möglicherweise zeigt sich hier die an anderer Stelle skizzierte strategische Entwicklung Apples. Mit dem iPod und iTunes löst sich Apple aus seinem Macintosh-Zentrismus.
Nicht mehr das Design des Macintosh Betriebssystems OS X bestimmt das Aussehen der Anwendungs-Software „iTunes“, sondern die Kohärenz zum Erscheinungsbild des iPod.

Fand das bisherige „brushed metal“-Outfit von iTunes seine Entsprechung zumindest im gebürsteten Gehäuse des „iPod mini“, ist dieser Bezug mit der Einstellung des iPod mini verloren gegangen.

Stattdessen wird die iTunes-Ästhetik auf den neuen iPod nano und seine glänzende Oberfläche ausgerichtet. iPod und iTunes sollen eine Einheit bilden, egal, auf welchem System sie eingesetzt werden. Ziel ist nicht mehr, den potentiellen Switcher unter Windows auf den „look & feel“ des Macintosh vorzubereiten, sondern den iPod zum passendsten Accessoire des neuerdings auch mit Geräten von Fremdherstellern (ROKR!) kommunizierenden iTunes zu machen. Und gemessen an den Stückzahlen wird der iPod nano – zumindest nach Apples Plänen – schon bald weiter verbreitet sein als alle Vorgängermodelle zusammen.

Ob diese Spekulation stimmt? Dann dürfte Apple der noch streng geheimen fünften Generation des „großen“ iPod nicht – wie hier spekuliert – einen „brushed metal“-Look verpassen. Aber vielleicht paßt sich iTunes auch nur eher als alle anderen Applikationen der neuen Version „Tiger“ des Mac OS an…

Apples Strategie des „Digital Hub“ – aktuelle Entwicklung

September 12th, 2005 by tobra

Während der zufällige Zaungast des MP3-Player-Marktes im Debut des Motorola „ROKR“ nichts weiter als den Marktstart eines normalen MP3-Handys erblickt, vermag eine tiefere Analyse durchaus auch revolutionäre Aspekte dieser Nachricht zu enthüllen: Motorolas „ROKR“ ist das erste Produkt, mit dem Apple sein eng verzahnte Geschäftsmodell „iPod – iTunes – iTunes Music Store – Fairplay“ aufbricht.

Bislang beharrte Apple darauf, alle Elemente des „Musikkonsums via iPod“ zu kontrollieren: vom Design und der komfortablen Bedienung des Players über Aussehen und Funktionalität der Musikverwaltungsoftware auf dem Computer, den Komfort von Musikkauf und -download über das Internet bis hin zum dabei verwendeten Kopierschutzsystem. Wie ein Blick auf das neue „ROKR“ zeigt, hat Apple Design und Bedienungskomfort des Mobiltelefons komplett seinem Partner Motorola überlassen. Anders als bisher gibt Apple die Kontrolle über den MP3-Player also aus der Hand.

Natürlich handelt es sich bei diesem Schritt nur um einen ersten kontrollierten Test. Ein Erfolg des „ROKR“ und der bei Motorola bereits in Planung befindlichen weiteren Modelle mit „iTunes mobile“-Software, könnte aber schon bald dazu führen, daß Apple seine Software auch anderen Handy-Herstellern zur Verfügung stellt. Vor dem Hintergrund der Marktgröße des Handy-Markts und des MP3-Player-Markts, könnte die Zahl der iTunes-bestückten Mobiltelefone recht bald die Zahl der iPods übersteigen. Die Folge für Apple: Die strategische Bedeutung von „iPod“ und „iTunes“ würde sich immer mehr von der Hardware zur Software verschieben.

Somit manifestiert sich im Marktstart des „ROKR“ eine weitere Stufe einer bislang mit großem Erfolg durchschrittenen Entwicklung in Apples Strategie. Apples Ideal eines um den mit mächtiger Software bestückten Macintosh („Digital Hub“) herum entwickelten geschlossenen Systems digitaler Geräte wandelt sich zum Ideal des offenen Systems über verschiedene Computerplattformen und Hardwaregeräte aller Art und Hersteller, in der jedoch Apples Software (insbesondere iTunes mit den darin integrierten Technologien „Quicktime„, „iSync„, „Bonjour„) die entscheidende Größe darstellt. Erst durch Apples Software wird es möglich, daß die unterschiedlichen Geräte miteinander kommunizieren. Zwar gibt es noch einen Computer als „digital hub“, der ist aber nicht mehr unbedingt ein Mac und anders als in der ursprünglichen Vision verharrt Apples Software nicht auf dem Computer, sondern dringt auch in alle anderen Geräte ein.

Entwicklung von Apples Strategie

Beispiel iPod / iTunes: Nachdem der iPod beim Marktstart im Oktober 2001 zunächst als reines „Macintosh-Accessoire“ nur Macintosh-Usern vorbehalten war und als Argument für einen Umstieg von Windows auf den Mac herhalten sollte, entschloß man sich im Juli 2002 dazu, den iPod auch Windows-kompatibel zu machen. Als Musikverwaltungssoftware diente damals auf Windows jedoch „Musicmatch“ – die Entwicklung einer Windows-Version von iTunes schien weder lohnend, noch aus strategischer Perspektive geboten (denn die „user experience“ des iPod im Verbund mit dem Mac sollte überlegen bleiben). Der unerwartete Erfolg des iPod bei Windows-Usern und der Erfolg des Music Stores auf dem Mac gaben den Ausschlag, die strategische Positionierung anzupassen. Im Oktober 2003 brachte Apple eine mit der Mac-Version identische Variante von „iTunes“ für Windows heraus und ergriff von der Windows-Plattform Besitz. Und mit dem „ROKR“ überspringt iTunes die Artengrenze vom MP3-Player bzw. vom Computer hin zu Mobilfunktelefonen.

Bedeutet dies, daß schon bald eine Lizensierung von iTunes und Fairplay an andere MP3-Hersteller ansteht? Weil Apple den MP3-Player-Markt auch ohne Lizensierung beherrscht, scheint dies unwahrscheinlich. Apples Engagement bei den Mobiltelefonen ist vor allem auch der Absicht geschuldet, in diesem wichtigen Markt iTunes als Standard zu etablieren, um so die Vormachtstellung dieses Standards im MP3-Player-Markt zu verteidigen.

Der Apple Shareholder sollte seine Aufmerksamkeit eher auf die anderen Komponenten des Digital Hub legen. Spielfilme, Fernsehen und Video-Podcasting sind die nächsten große Märkte, die erobert werden möchten. Und auch wenn zu erwarten ist, daß Apple in diesem Zusammenhang eine eigene innovative Hardware vorstellen wird, könnte eine zeitgleiche oder spätere Integration der dazugehörigen Software-Komponente in Fernseher und Festplattenrekorder von Fremdherstellern dann wieder nach dem Modell ROKR ablaufen. Im Januar 2005 verkündete Steve Jobs übrigens zusammen mit dem damaligen Chef von Sony, Kunitake Ando, beim Thema High Definition Video eng zusammenarbeiten zu wollen.

Was das iTunes Phone „ROKR“ über künftige iPods verrät

September 9th, 2005 by tobra

Vorgestern enthüllte Motorola das Mobiltelefon „ROKR“, auch bekannt als sog. „iTunes Phone“. Anders als es Motorolas Analysteninformationen im März nahe legten (der Managementchannel berichtete), prägt nicht die „PEBL“-Silhouette, sondern die konventionellere SLVR-Form das Design. Die lila-grüne Farbgebung wich einem gefälligeren Silber. Die Zahl der Bedienungselemente wurde auf ein handhabbares Maß reduziert. Alles in allem trifft das ROKR den Massengeschmack deutlich besser als der Prototyp. Es bleibt jedoch ein typisches Motorola-Handy, das Design macht keinerlei Anleihen bei Apple.


Das Motorola ROKR: Ein Prototyp aus März 2005 und das im September auf den Markt gebrachte Modell im Vergleich (Quelle: Motorola)

Das auffallend Konventionelle des Designs provoziert die Frage: Hat Apple es versäumt, stärker in den Entwurf einzugreifen, oder war dies strategische Absicht? Wenn man sich Apples Besessenheit in Designfragen vor Augen hält und Apples Bestreben, in Kooperationen immer auch die eigenen Vorstellungen durchzusetzen, liegt der Schluß nahe, daß hier strategische Absicht zugrunde liegt.

Einen der möglichen Gründe, die Apple zu diesem Schritt verleitet haben könnten, diskutiert das Strategische Management unter der Bezeichnung „Substitutionsprodukte“. Man beschreibt damit den Umstand, daß die Verkaufszahlen einer Produktkategorie durch Produkte aus anderen Märkten gefährdet werden können, nämlich dann, wenn diese anderen Produkte aus Sicht des Kunden einen ähnlichen Nutzen bieten: Für die Erfrischung nach dem Sport zum Beispiel stellen in den Augen vieler Kunden „Apfelschorle“ und „(alkoholfreies) Bier“ Substitutionsprodukte für „isotonische Durstlöscher“ dar. Übertragen auf das ROKR-Handy: In den Augen vieler Kunden könnte ein Handy mit MP3-Player ein Substitutionsprodukt für einen reinen MP3-Player darstellen. Der Absatz von iPods wäre dann mittelfristig durch die Entwicklung immer besser ausgestatteter Mobiltelefone stark gefährdet.

Apple hat demnach ein Interesse daran, daß es trotz der Existenz von Multifunktionshandys auch weiterhin eine Menge Gründe gibt, zu einem iPod zu greifen. Und zu den wichtigsten Gründen zählen ohne Zweifel das Design und das positive Image, mit dem Apple die Marke iPod aufgeladen hat. Aus dieser Perspektive ist es sinnvoll, das Modell ROKR von jeglichen Anklängen an einen iPod freizuhalten. Wer „hip“ sein will, braucht (derzeit noch) das Original.

Man kann aber noch weitere Schlüsse ziehen: Weil die Bedrohung für den iPod durch Multifunktionshandys trotzdem bestehen bleibt, muß Apple außerdem den iPod so weiterentwickeln, daß er seine Berechtigung als eigenständige Produkt-Kategorie aufrecht erhält.

Dies bedeutet: Entweder wird der iPod immer kleiner, so daß das oft angeführte Argument, der Kunde wolle nur ein einziges Gerät (= multifunktionales Handy), nicht aber mehrere (Handy, MP3-Player, Fotoapparat) mit sich herumtragen, nicht mehr stichhaltig ist. Apple hat zeitgleich zur Vorstellung des ROKR den entsprechenden Zug getan und mit dem iPod nano die Kategorie des MP3-Players in eine neue funktionale Dimension geführt.

Oder aber der iPod übernimmt in seinen derzeit gewohnten Abmessungen solche Funktionen, die nicht ohne weiteres in ein Handy integriert werden können. Er entwickelt sich zum Zentrum digitaler Medien und Unterhaltung, sei es Musik, Fotos, Podcasts, Karaoke, Filme oder Fernsehen. Nahliegende Vorhersage: In diese Richtung wird sich der „große“ iPod entwickeln.

iPod Entwicklungstrends

Fönen als Wettbewerbsvorteil in der Gastronomie

September 5th, 2005 by tobra

Eine gut gesicherte Erkenntnis des Strategischen Managements ist, daß man bei der Entwicklung der Wettbewerbsstrategie darüber entscheiden sollte, auf welche Weise man sich von der Konkurrenz absetzen will.

Zwei grundlegende Optionen stehen dabei zur Wahl: Entweder man versucht, günstigere Kostenstrukturen als die Konkurrenz aufzubauen und sich auf diese Weise einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Oder wählt die Option der „Differenzierung“, d.h. man versucht, das eigene Produkt mit einem besonderen Kundennutzen auszustatten, mit dem die Konkurrenz nicht aufwarten kann.

Ein Beispiel für eine erfolgreiche Umsetzung der Option „Differenzierung“ in der Gastronomiebranche findet sich in der Süddeutschen Zeitung vom 3. und 4. September: Der Japaner Yoshizumi Nagaya nutzt in seinem Düsseldorfer Restaurant die besonderen Fertigkeiten, die er in siebenjähriger Ausbildung bei einem Großmeister der japanischen Küche in Tokyo erworben hat:

„(…) Der 36-Jährige bearbeitet selbst kleinste Filetpartikel einzeln mit einem Bunsenbrenner, damit jedes Teil tatsächlich die angestrebte Konsistenz und das perfekte Aussehen hat. Er fönt seine Gerichte und dekoriert Gläser, Teller und Platten mit der Akribie eines britischen Gärtners, der den Park von Windsor Castle mit dem Skalpell in Form hält. Denn der Meister mag es perfekt – für den Magen, für die Augen und für die Kasse (…)“

Wird Nagayas Differenzierungsstrategie dauerhaft erfolgreich sein? Nur wenn der Restaurantbesucher wiederholt bereit ist, nicht nur für das Essen, sondern auch für das kunstfertige Anrichten zu bezahlen. Und nur, solange Nagayas Kunst nicht mit weniger Aufwand und Ausbildung von anderen kopiert wird. Anders als Japaner können deutsche Kunden möglicherweise nicht das gefönte Gericht vom ungefönten unterscheiden.

Warum kommt das sogenannte „iTunes Phone“ nicht?

September 1st, 2005 by tobra

Kommt es oder kommt es nicht? Diese Frage stellen sich Apple-Shareholder in diesen Tagen. Gemeint ist das sogenannte iTunes-Phone von Motorola: Ein Handy, das in der Lage sein soll, nicht nur normale MP3s, sondern auch kopiergeschützte Songdateien aus Apples iTunes Music Store abzuspielen. Es würde bei der Verbreitung des von Apple kontrollierten Kopierschutzstandards „Fairplay“ helfen. Im Kampf mit Microsoft (und ihrem Konkurrenzformat „Windows Media“) um die Medienstandards der Zukunft könnte das wichtige Schützenhilfe leisten. Bislang lassen sich die im iTMS gekauften Lieder nur auf dem Computer oder einem der vielen iPod-Modelle abspielen (mühsame Konvertierungsprozeduren einmal ausgenommen) und auch Microsoft hat angekündigt, das Abspielen kopiergeschützter „Windows Media“-Songs auf Handys zu ermöglichen.

Seit das Telefon bereits am 10. März auf der Cebit in Hannover vorgestellt werden sollte, die Präsentation aber kurzfristig abgesagt worden war, wird über die Gründe der Verschiebung spekuliert: Lag es am Widerstand der Mobilfunkunternehmen, die lieber selbst teure Klingeltöne und Songs verkaufen wollten? Gab es noch ungelöste technische Probleme? Lagen die Vorstellungen von Apple und Motorola über die Zahl der auf dem Telefon speicherbaren Songs zu weit auseinander (Apple fürchtete das Handy als Substitutionsprodukt seiner „iPod shuffle“-Linie)? Oder war Steve Jobs einfach nur unzufrieden mit dem Design des Telefons?


Fotos: Motorola

Für letzteres sprechen vor allem die Bilder, die sich in einer Motorola-Präsentation für Analysten und Shareholder finden und die im März von der Motorola-Homepage heruntergeladen werden konnte. Nicht in der spektakulären RAZR-Form, sondern in der auf Runde Bögen setzenden PEBL-Form kommt das Handy daher. Und in der Farbkombination lila/grün. Gut möglich, daß Steve Jobs und Jonathan Ive die Notbremse gezogen haben, weil sie fürchteten, daß die Motorola-Ästhetik das Designversprechen von Apple beeinträchtigen könnte.

Am 7. September soll es mal wieder so weit sein mit der Präsentation des iTunes Phone: Da lädt Apple zu einem Special Event nach San Francisco. Wenn sich das Warten gelohnt hat, erwartet uns ein in Schönheit gebadetes Handy.

Führen lernen, Folge 4

August 31st, 2005 by tobra

Der Vorgesetzte als peitschenschwingender Sklaventreiber? Abteilungsleiter Wollerof und sein Assistent Dr. Peer Aderel diskutieren darüber, dass Führung die Beeinflussung von Mitarbeitern bedeutet.

Download (5,6 MB) hier!