Umstrukturierung bei Microsoft – Wird jetzt alles gut?
Microsoft hat am Dienstag eine Umgestaltung seiner Organisationsstruktur verkündet: Statt wie bislang mit sieben Geschäftsbereichen, soll durch Zusammenlegung in Zukunft nur noch mit drei Geschäftseinheiten agiert werden. Das Unternehmen möchte damit laut Pressemitteilung die Flexibilität bei der Umsetzung seiner Strategie erhöhen.
Aus Perspektive der Managementlehre geht es hier um die Frage, welche Struktur gewählt werden muß, um die Strategie des Unternehmens optimal umzusetzen. Die Idee ist, daß die in aufwendiger Planung entworfene Strategie nur dann erfolgreich umgesetzt werden kann, wenn die einzelnen Aufgaben richtig auf spezialisierte Abteilungen aufgeteilt werden. Die Struktur wird komplett auf die Bedürfnisse der Strategieumsetzung ausgerichtet („structure follows strategy“).
Die Presseerklärung von Microsoft betont ungewöhnlich deutlich, daß die alte Struktur (und nicht die Strategie) für die Probleme der Vergangenheit verantwortlich gemacht wird. Steve Ballmer, CEO von Microsoft, erklärt dort die Vorzüge der Umstrukturierung so:
“These changes are designed to align our Business Groups in a way that will enhance decision-making and speed of execution, as well as help us continue to deliver the types of products and services our customers want most (…)“.
Bereinigt man die Presseerklärung um den üblichen Euphemismus, wird der alten Struktur demnach vorgeworfen, daß sie Entscheidungsprozesse verlangsamt hat, daß die Umsetzung von Entscheidungen verzögert wurde, und daß Microsofts Produkte und Dienstleistungen als Folge davon Probleme hatten, sich gegen die Konkurrenz durchzusetzen.
Die neue Struktur soll besser als die alte dazu geeignet sein, die Strategie erfolgreich umzusetzen.
Ob die neue Struktur aber tatsächlich eine höhere Flexibilität bietet, ob sie Microsofts Strategie befördern wird und warum Microsoft diese Struktur – wenn sie denn angeblich besser ist – nicht schon früher gewählt hat, bleibt offen.
Darüber hinaus ist hier ein weiterer kritischer, aber häufig übersehener Aspekt anzureißen: Die Managementlehre interessiert sich nicht nur für die Eignung der Struktur zur Umsetzung einer Strategie („structure follows strategy“). Sie empfiehlt auch umgekehrt darauf zu achten, inwieweit sich eine bestimmte Strategie aus einer vorher bestehenden Struktur entwickelt („strategy follows structure“).
Einer von mehreren Aspekten dieser umgekehrten Beziehung – und ein im vorliegenden Fall besonders relevanter – ist die Frage, inwieweit eine bestimmte Struktur in der Lage ist, möglichst „gute“ Entscheidungen zu produzieren. Die Güte der Planung (also auch die Güte der Strategie) – so hat man herausgefunden – ist nämlich nicht unabhängig von der Organisationsstruktur, in der ein Planungsprozeß stattfindet.
Im Hinblick auf Microsofts Reorganisation stellt sich somit die Frage, ob die neue Struktur möglicherweise ähnlich ungeeignet ist, zur Strategieumsetzung erfolgreich beizutragen, wie die alte:
- Wenn in der bislang bestehenden Struktur keine guten Entscheidungen erarbeitet wurden, warum sollte dann die in der gleichen Struktur erarbeitete Entscheidung zur Umstrukturierung von besonderer Güte sein?
- Wenn die gleichen Entscheidungsträger diese neue Struktur geplant haben, die schon für die alte nicht funktionierende Umstrukturierung in sieben Geschäftseinheiten verantwortlich waren, warum sollte dann die neue Umstrukturierung erfolgreicher sein?
Hoffnung kann der Microsoft-Aktionär hier nur aus der Erkenntnis schöpfen, daß man aus Fehlern lernen kann. Voraussetzung erfolgreichen Lernens mit der Methode „Versuch / Irrtum“ ist aber, daß der Irrtum erkannt wurde. Und solange man sich nicht gesicherten Wissens bedienen kann, benötigt man höchstwahrscheinlich viele Versuche bis man eine brauchbare Lösung findet. Das beunruhigt.
Genügend Fragen und Themen also, um sich hier in den kommenden Wochen weiter mit der Umstrukturierung bei Microsoft zu beschäftigen.